Die
Almwirtschaft – im Allgäu gemeinhin als
Alpwirtschaft
bezeichnet - ist eine seit dem Mittelalter urkundlich belegte Form der
Vieh- und Milchwirtschaft. Um zusätzliche
Weideflächen nutzen
zu können, schicken Bauernfamilien aus dem Tal ihr Vieh
–
ausgenommen kranke oder trächtige Tiere, junge Kälber
und
zwei bis drei Milchkühe - den Sommer über auf eine
Bergalm.
Man findet heute nur noch selten Schafe oder Ziegen auf diesen
hochgelegenen Weideflächen. Dort werden die Tiere in die Obhut
eines Senners oder einer Sennerin gegeben, der oder die die
Sommermonate zwischen Mai/Juni und September vom Almauftrieb bis zum
Abtrieb auf der Almhütte verbringt. Langeweile kommt trotz der
Einsamkeit auf den sehr abgelegenen und meist nur zu Fuß zu
erreichenden Almhütten jedoch nicht auf:
Muhli-muhli-muhli-muhli-mu....
in dieser oder etwas abgewandelter Form
erklingt der Lockruf der Almhirten in den frühen Morgenstunden
über Berge und Täler. Es ist der Beginn eines harten
Arbeitstages. Das noch verschlafene Vieh folgt diesem Ruf des ihm
vertrauten Hirten und trottet langsam zur Almhütte,
während
dieser schon einmal den Holzofen anwirft - denn Strom oder
fließend Wasser gibt es hier nicht.
Der
Hirte versichert sich zuallererst, ob die Herde vollständig
ist und untersucht jedes einzelne Tier auf Verletzungen oder
Krankheiten. Kleinere Wehwehchen werden schon mal mit Hausmitteln
selbst behandelt - in ernsteren Fällen wird der Bauer
informiert
– per Almtelefon. Dieser wiederum entscheidet, ob er einen
Tierarzt auf die Alm schickt oder das Tier ins Tal holt.
Je nachdem, ob ausschließlich Jung- oder Milchvieh auf der
Alm
übersommert, die Milch selbst verarbeitet oder ins Tal
geschickt
wird, es sich um einen Klein- oder Großbetrieb handelt oder
ob
die Almhirten Wanderer bewirten, stehen verschiedene Arbeiten an. Meist
handelt sich es um eine Mischung aus allen genannten Formen und ein
vielseitiger Arbeitstag beginnt.
Ist die Herde vollzählig und unverletzt beginnt das
morgendliche Melken. Größere Almen verfügen
über
eine Pipeline, in der die Milch ins Tal fließt und dort am
frühen Morgen vom Milchauto abgeholt wird. Der Milchfahrer
fährt morgens von Bauer zu Bauer, um die Milch mit einem
großen Tanklaster einzusammeln und zu weiterverarbeitenden
Betrieben zu fahren. Da die Weiterverarbeitung zügig
stattfinden
muss, kann er nicht warten: Ist die Milch nicht pünktlich im
Tal,
wird sie nicht abgeholt - ein Verlust des Tagesgeschäfts
für
den Bauern.
Nach dem Melken dürfen die Tiere den ganzen Tag über
die
saftigen Bergwiesen und der Senner sein wohlverdientes
Frühstück genießen. Meist tauchen nun schon
die ersten
Wanderer auf, um sich an einer deftigen Käseplatte und einem
Radler zu stärken. Lassen sich die Wanderer etwas mehr Zeit,
kümmert sich der Senner um die Milchverarbeitung: Butter,
Quark,
Hart- oder Weichkäse, eingelegt oder mit Kräutern
angereichert... dem Ideenreichtum der Senner sind keine Grenzen
gesetzt.
Bewirtung, Milchverarbeitung, hier eine Reparatur an der Alm, dort ein
Rind, das sich nicht einfangen lässt… der
Arbeitstag des
Almhirten ist schneller vorbei als er sich wünscht und erst,
wenn
Abends Ruhe einkehrt, hat er endlich Zeit und Muße, die Sonne
hinter den Berggipfeln verschwinden zu sehen oder bei Kerzenschein die
kostbare, extra aus dem Tal mitgebrachte Zeitung zu lesen.